Ein Beitrag von Axel Probst
Das House of Croft, das seit 2001 zur Fladgate Partnership gehört, steht ein wenig im Schatten der Hauptmarken der Firma Taylor und Fonseca und erfährt gerade auf dem deutschsprachigen Markt nicht die Beachtung, die es aufgrund der Qualität verdient. In Deutschland sind Croft Ports nur sehr vereinzelt erhältlich und auch die älteren Vintage Ports reifen fast nur noch in englischen oder portugiesischen Kellern heran. Croft Vintage Port zeichnen sich oft durch ein zunächst süßes, mit Orangentönen versehenes Aroma aus. Sie bieten gerade bei deutschen Auktionen ein erstaunliches Preis-Leistungs-Verhältnis.
In diesem Jahr dürfte ich bereits an zwei Verkostungen teilnehmen, bei denen ausschließlich Croft Ports ausgeschenkt wurden und an einer weiteren Verkostung, an der die gereiften Ports von Croft immerhin ein Viertel der verkosteten Ports ausmachten, so dass eine recht umfangreiche Sammlung an jungen Verkostungsnotizen zusammen gekommen ist.
HISTORY – Die Marke Croft besteht gemäß neuen Erkenntnissen schon seit 1588, worauf die Firma auch mit Stolz in ihrem label hinweist. Damit ist Croft das älteste Portweinhaus überhaupt. Ursprünglich wurde die Firma von der Thompson Familie aus York gegründet. Bereits 1736 mit dem Eintritt von John Croft erhielt die Firma den heutigen Namen. John Croft (Bild links) hat den eigentlichen Portweinhandel stark unterstützt und ausgebaut. Er hat sich selbst immer als Mitglied des Factory House in Oporto und Weinhändler aus York bezeichnet. Im 19. Jahrhundert kehrte die Familie nach England zurück, hielt jedoch Kontakt zur Portweinszene. Ein Nachfahre von John, Percy Croft, hat bei einer Verkostung in England im letzten Jahrhundert das bekannte Zitat geprägt: „Any time not drinking Port is a waste of time“.
Der jetzige Eigentümer, die Fladgate Partnership, ist nach Aussage ihres Chef-Önologen David Guimaraens eine der ganz wenigen Firmen, die ausschließlich Port und nicht auch Douro-Wein herstellen. Somit erledigt sich die Frage, welche Trauben für den besten Wein und welche für den besten Port verwendet werden und damit sichert die Firma auch in der Zukunft den hohen Anspruch der Croft Ports.
QUINTA DA ROÊDA – Bereits im späten 19. Jahrhundert schrieb der portugiesische Schriftsteller Vega Cabral: „Wenn der Douro der goldene Ring Portugals ist, dann ist die Quinta da Roêda der Diamant an diesem Ring“. Im Jahr 1889 erwarb Croft die Quinta und seitdem stellt ihr Traubengut den Hauptteil ihrer Vintage Ports. Einen kurzen Fußmarsch östlich von Pinhão gelegen, darf man diese Quinta nur auf persönliche Einladung besichtigen. Von den 130 ha werden jährlich ca. 5 ha neu bepflanzt. Hauptsächlich werden hier die Rebsorten Touriga Francesa (53%), Touriga Nacional (13%), Tinta Barroca (14%) und in kleineren Anteilen Tinta Roriz und Tinta Cão angepflanzt.
Der komplette Weinbestand ist in der Kategorie A klassifiziert, der höchsten Qualitätsstufe im Dourotal, die nach Höhe, Ort, Produktivität, Bodentyp und anderen Faktoren nach einem recht komplizierten Verfahren vergeben wird.
In den späten 90er Jahren hat die Taylor Fladgate Partnership einen Langzeitversuch unternommen, ob die Vinifizierung durch das manuelle Treten im Steintank (lagar), durch eine automatisierte Alternative hierzu (robotic lagar) oder die Reifung im Edelstahltank die höchsten Qualitäten erzeugt. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass bei Vintage Ports der Unterschied besonders deutlich zugunsten des lagar bestand. Bei den mittleren Qualitätsstufen (LBV/Distinction) gab es nur geringe Unterschiede und bei den Basisqualitäten, wie dem einfachen Ruby, zeigten sich keine Unterschiede. Zwischen dem manuellen und dem robotic lagar bestanden kaum Unterschiede. Derzeit versuchen viele Hersteller, die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren.
Mit direktem Blick auf den Douro kann man auf der Quinta da Roêda nicht nur fantastische Stunden verbringen, sondern auch entdecken, warum die Weine von Croft diese enorme Konzentration aufweisen. Die Reben müssen sich durch zum Teil meterdicke Schiefermassen kämpfen, um Wasser zu erreichen. Dadurch erhalten die Ports ihre erstaunliche Komplexität.
LOCATION ON SITE – Auch der Flaschenkeller von Croft in Vila Nova de Gaia ist legendär. Hier lagern viele und auch sehr alte Vintage Ports und warten darauf, getrunken oder verkauft zu werden. Auch ein sehr dekorativer Verkostungsraum lädt zu schönen Stunden rund um den Port ein. Unbedingt sehenswert! Da Croft auf dem Weg zur Taylors Lodge liegt, ist eine Kombination der beiden Kellereien sehr leicht zu organisieren.
VERKOSTUNGSNOTIZEN
PINK PORT – Der Pink Port muss aus zwei Blickrichtungen verstanden werden: qualitativ und als Marketing-Instrument. Croft war der erste Hersteller, der einen Rose oder „Pink-Port“ hergestellt hat. Qualitativ für einen Portweinliebhaber definitiv keine Herausforderung, aber als Marketing-Instrument sehr interessant. Gemäß dem Hersteller sehr kalt oder auf Eis zu genießen. Sehr süß und ein wenig klebrig in der Konsistenz. NR
WHITE PORT – Mehrfach sowohl bei Croft als auch in Deutschland verkostet. Hier überzeugt die elegant trockene Note in Kombination mit einem würzigen, vollen Gaumen. Unterscheidet sich von anderen Herstellern, da die meisten White Ports entweder fruchtig-süß sind oder eine vornehmlich trockene Note haben. 15+
10Y OLD – Der zehnjährige Tawny von Croft wird außerhalb von Portugal nicht vertrieben. Ich denke, er soll den Hauptmarken Taylor und Fonseca nicht noch zusätzliche Konkurrenz auf den ausländischen Märkten machen. Dunkelrotes, sauberes Erscheinungsbild. Frucht-Nuss-Trockenfrucht-Nase. Säurebetonter , alkoholischer Gaumen mit ausreichender Frucht. Auch im Abgang zu viel Säure. Da gefallen mir die 10-jährigen Tawnies von Taylor und Fonseca sehr viel besser. 15
20Y OLD – Nach doppelter Fasslagerungszeit präsentiert sich der 20-jährige Tawny von Croft nur ein klein wenig dunkler. Volles, komplexes Bouquet. Rosinen, Datteln und Nüsse. Voller, samtiger Gaumen. Mittellanger, ausgewogener Abgang. Nice! 17
FINE RUBY – Leicht wässrige Konsistenz. Vordergründig fruchtige, aber recht flache Nase. Auch im Gaumen oberflächlich. Die wahre Portweinqualität fängt halt erst beim Late Bottled Vintage Port bzw. beim 10y old Tawny an. 14
SPECIAL RUBY "DISTINCTION" – Fruchtiger als der Fine Ruby. Überlagernde Johannisbeer-Nase. Gaumen mit ansprechender Frucht. Eindimensional. 14+
LBV 1999 – LBV von Croft sind immer gefiltert abgefüllt, ohne dass dies auf dem Etikett vermerkt ist. Optisch sind beim 99er LBV schon leichte Alterungsspuren zu erkennen. Geringer Wasserrand, aber sehr schöne Reflexe. Im Bouquet ein klassischer Rote-Beeren-Mix, bei dem die schwarze Johannisbeere überragt. Der Gaumen verrät das Alter und kann das Versprechen der Nase nicht ganz halten. Wirkt schon ein wenig müde. Aufheben lohnt nicht, aber das lohnt sich bei gefilterten LBV selten! 15
LBV 2003 – Frisches, schwarzrotes Erscheinungsbild. Frisches Cassis-Bouquet. Wie beim 1999er hält auch der 2003er nicht, was die Nase verspricht. Leicht alkoholisch im Gaumen und Abgang. Der 2003er ist allerdings frischer als sein vier Jahre älterer Bruder. 16
VINTAGE PORT 2007 – Es geht nichts über ein Tasting eines jungen Vintage Ports beim Hersteller. So wurde mir während einer Vintage Port Probe in Vila Nova de Gaia auch der 2007er Vintage Port zur Verkostung angeboten. Tiefschwarze Farbe mit violetten Noten. Im Bouquet Blaubeere, Cassis und Brombeeren, wenig Säure und Tannine. Sehr fruchtiger Gaumen, hier auch wenig Alkohol, Säure und Tannine. Ein eleganter, leichter Vertreter des Jahres 2007. 16
VINTAGE PORT DA ROÊDA 2005 – Den Single Quinta Vintage Port aus dem Jahr 2005 habe ich erstmals in Vila Nova de Gaia neben dem Taylor Vargellas und dem Fonseca Panascal getrunken. Dunkelviolette Farbe bei toller Konzentration. Extrem fruchtige Erscheinung. Auch hier überragt die schwarze Johannisbeere, wobei bereits in der Nase eine ansprechende Komplexität mitschwingt. Voller fruchtiger Gaumen, Alkohol, Säure, Tannine und ein mittellanger Abgang. Immer noch sehr verführerisch. Einer meiner Favoriten des Jahres 2005. 17
VINTAGE PORT 2003 – Den 2003er Vintage Port von Croft habe ich von der Geburtstunde mit begleiten dürfen. Ein klassischer Vintage Port, der den Namen Croft wieder in die erste Liga katapultiert hat. Dieses Jahr schon drei Mal verkostet, zuletzt in Porto im Juni 2009. Tiefschwarz mit mittelintensiver Struktur. Blaubeernase, wobei die Frucht weniger vordergründig wirkt als in den letzten Jahren, dafür werden die Tannine jetzt präsenter. Auch im Gaumen nur leichte Frucht, dann setzen sofort Tannine und Säure ein. Ein massiver, großer Port, der beginnt, sich zu verschließen. Soll er auch! Nicht vor 2020 öffnen. 18+
VINTAGE PORT 2000 – Mehrfach habe ich den 2000er Croft in den letzten drei Jahren getrunken. Direkt nach dem Öffnen wirkt er – was in dieser Phase völlig normal ist – verschlossen. Bereits die Konsistenz verrät, dass dieser Port Potential besitzt: sehr dickflüssig und konzentriert. Auch nach 24 Stunden an der Luft immer noch eine verschlossene Nase. Würzig mit einer ansprechenden subtilen Würznote. Im Mund leichte Teeraromen, Würze und eine ansprechende Komplexität. Ein langer Abgang zeigt, was mal in diesem Port stecken wird. Mindestens noch 10-15 Jahre im Keller liegen lassen. 18
VINTAGE PORT DA ROÊDA 1997 – Erstaunlicherweise war Croft einer der wenigen Hersteller, der 1997 einen Single Quinta Vintage Port hergestellt hat. Völlig zu unrecht, wie mir die Verkostung dieses Jahr bewiesen hat. Ein klassischer 97er, mit allen notwendigen Komponenten. Noch sehr junge Optik mit violetten Reflexen. Fruchtnase mit Pflaumen und den klassischen schwarzen Johannisbeeren. Im Gaumen marmeladige Frucht, Alkohol und leichte Säure: Mittellanger, fruchtiger Abgang. Da er als Single Quinta Vintage Port auf dem Markt erhältlich ist, sollte man zuschlagen, denn wenn man ihn findet, ist er meist günstiger als seine Jahrgangskollegen. Geheimtipp! 17
VINTAGE PORT 1994 – Der 94er Croft beginnt gerade zu erwachen. Optisch wenig Alterungsspuren mit guter Struktur, zeigt er sowohl im Bouquet als auch am Gaumen komplexe Fruchtnoten und Kaffee. Langer, komplexer Abgang. Ein würdiger 94er! 18
VINTAGE PORT 1991 – Tiefe dunkelrote Farbe mit einem kleinen Wasserrand. Verführerische Blaubeer- und Kirschnote in der Nase, gut integriert. Im Gaumen noch mehr Tannin und Säure als die Nase verspricht, doch bereits hervorragend zu genießen. 17
VINTAGE PORT 1985 – Der 85er ist schon sehr weit entwickelt und zeigt nicht mehr viel Entwicklungspotential. Volle Nase mit leichter Säure. Im Gaumen Frucht, Kaffeenoten und Karamell, leicht alkoholisch. Gut strukturierter Abgang. Definitiv kein Port zum langen Einkellern, hat aber Charme. 17
VINTAGE PORT 1977 – Leicht bräunliche Farbe; dieser Port zeigt sein Alter ohne Schminke. Leider in zwei von drei Flaschen deutlich durch flüchtige Säuren beeinträchtigt. Im Gaumen kann man unterschwellig Honig- und Toffeenoten erkennen. Wenn der 77er gut ist, dann ist er richtig gut, jedoch besitzt er nicht die Langlebigkeit vieler anderer 77er. In den nächsten 10 Jahren austrinken! 17
VINTAGE PORT 1975 – Ich habe schon oft bemerkt, dass ich kein Fan von den 75ern bin. Wenn es mehr von den Vintage Ports dieses recht schwachen Jahrgangs wie den von Croft geben würde, wäre dies nicht der Fall. Voll gereift, mittlere Struktur. Nach leichtem "bottle stink" entwickelt sich eine ansprechende Orangennase mit Minzaromen. Am Gaumen süß, alle Bestandteile sind voll integriert, wird zum Ende trockener mit perfekten Orangennoten und wenig Beerenfrucht. Mittellanger Abgang. Bald austrinken! 17
VINTAGE PORT 1970 – Diesen Port durfte ich dieses Jahr schon mehrfach verkosten. Dunkelrote Farbe, aber zu leicht in der Struktur. Fruchtig-mineralische Nase mit einer dezent würzigen Süße. Fruchtmarmelade. Am Gaumen noch ausreichend stützender Alkohol und ansprechende Malz- und Honignoten. Mittellanger bis langer Abgang. Bereits sehr weit entwickelt. 17
VINTAGE PORT 1963 – Einer meiner Lieblings-Ports von Croft. Rotorange Farbe mit den grünlichen Alterungsreflexen. In der Nase anfänglich verhalten, fruchtig mit leichten Tanninen. Im Mund ein perfektes Aromenspiel von Schokolade, Orange, Karamell- und Toffeenoten. Es schließt sich ein langer, voller Abgang an. Auf Auktionen noch recht günstig zu ersteigern. 18
VINTAGE PORT 1945 – Diesen legendären Croft habe ich während einer privat organisierten Verkostung im Sommer 2009 auf Noval genießen dürfen. Im Erscheinungsbild wesentlich weniger Alterungsspuren als der 27er. Wenig grüne Reflexe in der braunorangen Farbe. Perfekte Struktur. In der Nase Kaffee und leichte Orangentöne, Minznoten, Basilikum. Typischer gealterter Croft-Gaumen: zunächst süß mit den typischen Orangen- und Toffee-Karamellnoten, dann in der zweiten Phase trockener. Honigartiger Abgang mit einer fantastischen Länge. Zwei Stunden später (4 Stunden an der Luft) lässt die Komplexität langsam nach. Ein perfekter, voll integrierter, gealterter Port, der an diesem Abend nur vom 63er Noval Nacional und vom 48er Fonseca geschlagen wurde, aber ich denke, dass dieser 3. Platz durchaus ohne Scham eingenommen werden kann. 19
VINTAGE PORT 1927 – Auch dieser Vintage Port wurde auf Noval verkostet. Transparente Orange-braune Farbe mit starken Grünnoten und klar erkennbarem Wasserrand. Im Bouquet Alkohol und Orangenmarmelade. Leicht rauchig. Voller, samtiger Gaumen: Kaffee, Toffee, Orangen. Anfänglich süß, hinterher trockener. Langer Abgang. Definitiv kein weiteres Entwicklungspotential. Austrinken! 18
EXECUTIVE SUMMARY – Es ist die klassische Croft Note der Vintage Ports, die man in Blindverkostungen recht schnell erkennt. Der zunächst süße Gaumen, der dann im Verlauf trockener wird und die charakteristischen Orangennoten haben durchaus ihren Charme. Die Vintage Ports vor 1980 sind für einen Portweinfan ein must-buy, da sie im Vergleich zu anderen Herstellern noch relativ günstig erhältlich sind. Auch die mittleren Qualitäten sind durchaus ein Experiment wert, vor allem die jungen LBV und der 20y old. Der 2003er Croft darf in keinem gut sortierten Portweinkeller fehlen, für viele ist es der Favorit dieses hervorragenden Jahrgangs! Und da mittlerweile fast 10 Hersteller einen Port Rose hergestellt haben, sollte man den Trendsetter Pink Port auch mal probiert haben – aber nur "chilled or over ice".
Axel Probst
Über Fragen und Anregungen freue ich mich an [email protected]
Trauben des Jahres 2009 auf da Roêda
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